Liebe Gemeinde, liebe Leser!
Wer unter uns sehnt sich nicht nach Frieden? Frieden um uns herum und in uns drin ist ein hohes Gut, das wir allzu oft erst wahrnehmen, wenn er uns abhanden gekommen ist. Allerdings scheint die Aufforderung der Jahreslosung für 2019, selbst für diesen Frieden zu sorgen und ihm nachzujagen, sehr anstrengend und irgendwie auch aussichtslos, wenn man den Unfrieden, der in Welt herrscht, nüchtern betrachtet. Die Abwesenheit von Frieden zeigt sich ja nicht nur an den Orten in der Welt, wo Kriege, Konflikte oder Unsicherheit herrschen, sondern auch in unseren täglichen Beziehungen.
Das hebräische Wort für Frieden, „Schalom“, beinhaltet Ausgleich und Wiederherstellung, also weit mehr als Befriedung durch Waffengewalt, ein Friedensvertrag oder ein Kompromiss. Frieden im biblischen Sinne meint etwas viel größeres, als wir mit Frieden oft meinen zu verstehen. Dieser Frieden in seiner Fülle kann letztendlich nur von Gott her kommen. Er beinhaltet sowohl ein gerechtes Handeln untereinander als auch das Versprechen der Glückseligkeit.
Dass wir solchen Frieden nicht herstellen können, ja aus eigener Kraft unfähig dazu sind, zeigt, wie auch in unserer Gesellschaft beständig mit Worten und Gedanken getötet und vernichtet wird. Jesus sagt in der Bergpredigt: „Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.“ (Matthäus 5, 22) In diesem Sinne sind auch die Seligpreisungen „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Matthäus 5, 9), für uns zuerst eine Gerichtspredigt, nach der kein Mensch sich anmaßen kann und sollte, vor Gott auf Grund seines Strebens nach Frieden bestehen zu können.
Dennoch bleibt das Suchen und Streben nach Frieden ein erhabenes und gebotenes Anliegen. Wir werden als (gefallene) Menschen aber immer wieder die Erfahrung des Scheiterns machen und feststellen müssen, dass wir nicht in der Lage sind, Frieden im umfassenden Sinn herbeizuführen. Darum ist es uns zuerst geboten, im Gebet für diesen Frieden zu bitten, was das hebräische Wort für „nachjagen“ umfasst. In fast jeder Fürbitte im Sonntagsgottesdienst beten wir darum, dass Gott uns den Frieden erhalte oder den Kriegen in der Welt ein Ende setze. Doch auch an vielen anderen Stellen im Gottesdienst begegnet uns der Friedenswunsch und die Friedensbitte, zum Beispiel beim dreimaligem Anrufen des Gotteslammes im Agnus Dei: „Gib uns deinen Frieden!“, oder im Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten“. Nicht zu vergessen sei auch die Zusage am Anfang, oder am Ende der Predigt, der Beichte und beim heiligen Abendmahl: „Der Friede des Herrn sei mit Euch!“ und „Gehet hin in Frieden!“.
Wahren und umfassenden Frieden kann allein Gott schenken. Ihm gemäß der Jahreslosung nachzujagen, heißt, dass wir uns zuerst des Friedens mit Gott immer wieder vergewissern, IHN darum bitten und durch IHN Schritte zur Umsetzung des Friedens hier in dieser Welt üben. Das wird eine Herausforderung und Anstrengung bleiben, doch in dieser Reihenfolge auf jeden Fall ein hoffnungsvolles und den inneren Frieden erfüllendes Wirken.
Das Kind in der Krippe, Gottes Sohn, hat am Kreuz für unsere Sünde bezahlt, damit wir Frieden mit Gott haben. Dadurch, dass er demjenigen, der auf ihn vertraut, Heil und Rettung zuwendet, erfüllt er den Frieden. Die Antwort des Glaubenden darauf kann nur Dank und Lobpreis sein. So können wir mit Martin Luther diesen Psalm als Dankpsalm begreifen. Die Aufforderung, den Frieden zu suchen und ihm nachzujagen, wird damit zum Ruf, auf Gott zu vertrauen und in diesem Vertrauen
Schritte zur Umsetzung des Friedens hier in dieser Welt zu tun.
Dieser Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. So wünsche ich Ihnen / Euch ein gesegnetes und friedvolles Jahr 2019.
Pfr. Tino Bahl