Liebe Gemeinde, liebe Leser!

Als Pfarrer frage ich mich hin und wieder, wie unser christlicher Glaube und unser Christsein an sich von den Menschen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben, wahrgenommen wird und sich praktisch auf unser Leben auswirkt? Können unsere Mitmenschen uns überhaupt anmerken, dass wir Christen sind und uns als Gemeinde von der Welt abheben, weil wir in unserem Reden, Denken und Tun auffallen und uns als Gottes Kinder erweisen?

Ich denke, dass es gut und heilsam ist, wenn wir uns diese Frage tatsächlich regelmäßig stellen, weil Christus sagt: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Matthäus 5, 16) Und in Kapitel 7, Vers 20, sagt er weiter: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“

Die Realität unseres Lebens sieht nämlich leider oft ganz anders aus. Auch als Christen unterscheiden wir uns eben nicht wirklich von Nichtchristen, auch mit den besten Vorsätzen. In Angst sind wir gerade nicht immer zuversichtlicher, in Leid nicht fröhlicher, in Schmerz nicht geduldiger, in Sorgen nicht gelassener und in Not nicht furchtloser als andere Menschen. Ganz zu schweigen von dem, was wir auch als Christen gegen Gottes Willen tun oder unterlassen und besonders an Liebe und Barmherzigkeit unserem Nächsten immer wieder schuldig bleiben.

Um das zu ändern, ist es gut, zu fragen und zu erkennen, was uns zu Gottes Kindern macht und wie wir uns als Jünger unseres Herrn bewähren. Oder besser gesagt, wie Gottes Heiliger Geist an uns arbeitet und uns verändert. Könnten wir tatsächlich selbst aus eigener Kraft unser Leben, unsere Einstellung und unsere Perspektive verändern, dann hätte Jesus nicht am Kreuz für uns sterben müssen, dann tatsächlich würden wiederkehrende Apelle oder Zwangsmaßnahmen Gottes genügen, um uns anzutreiben, um uns zur Umkehr zu bewegen oder zu besseren Menschen zu machen.

 

Aber als Christen sind wir Gottes Werk, durch Gottes Handeln in unserer Taufe, „geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen.“, was nichts anderes heißt, als immer wieder auf Gottes Worte zu hören und dieses wirkmächtig an uns und über uns geschehen zu lassen im Glauben. Denn „Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.“ (2. Timotheus 1, 9+10)

Christsein und christlicher Glaube heißt nicht, dass wir auf das schauen, was wir aus eigener Kraft zustande bringen oder wo wir immer wieder scheitern, sondern vertrauensvoll auf den zu schauen und uns auf den zu verlassen, der für uns gestorben ist. Christus hat das für uns Unmögliche, aus eigener Kraft Gottes Kinder zu werden oder zu sein, vollbracht. Was Christus für uns getan hat und tut, ist das alleinige und tragende Fundament unseres Glaubens, nicht wie wir uns wahrnehmen oder wie wir von anderen wahrgenommen werden. Denn nicht wir, sondern Gott ist es, „der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.“ (Psalm 103, Vers 3-5) Christlicher Glaube und Christsein erweist sich also ganz praktisch in den Gottesdiensten, wo wir die Stimme unsres guten Hirten im Wort hören und seine heilsame Gegenwart im Sakrament erfahren und getröstet und getragen werden von der Gewissheit „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Ihr / Euer Pfr. Tino Bahl