Liebe Gemeinde, liebe Leser!
Es gibt auch in bestimmten christlichen Kreisen die Vorstellung, wonach man den Heiligen Geist fühlen und spüren kann, weil dieser im Menschen bestimmte Glücksgefühle oder ekstatische Phänomene hervorruft. Dagegen spricht der Apostel Paulus vom Heiligen Geist sehr viel nüchterner: Er macht deutlich, dass der Heilige Geist zunächst und vor allem den Glauben an Christus und das Bekenntnis zu Ihm bewirkt: „Niemand kann Jesus den Herrn nennen außer durch den heiligen Geist.“ (1.Korinther 12,3) Das Bekenntnis zu Jesus Christus als unserem Herrn ist also nicht etwas, worauf jeder Mensch mit etwas Nachdenken und gutem Willen auch selber kommen kann. Vielmehr formuliert Martin Luther in seinem Kleinen Katechismus sehr treffend: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.“ Wie Menschen dies für sich erleben, dass sie zu Christus kommen, kann dabei sehr unterschiedlich sein; auf die Art des Erlebens kommt es auch nicht an. Es gibt Menschen, die durch die Botschaft von Jesus Christus so etwas wie eine plötzliche, spontane Lebenswende erfahren haben, die mit einem Mal erkannt haben, was Jesus Christus für sie und ihr Leben bedeutet. Andere sind vielleicht von Kindheit an in den Glauben an Jesus Christus hineingewachsen und haben nie irgendeinen besonderen Bruch in ihrem Leben erfahren. Wieder andere sind vielleicht zunächst eher oberflächlich mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen und haben dann erst später, nach einer ganzen Weile, erfahren und gemerkt, wie das Evangelium auch sie geprägt und verändert hat und ihnen nun doch ganz wichtig geworden ist, was sie zunächst nur aus einem gewissen Abstand wahrgenommen hatten. Das Wirken des Heiligen Geistes kann sich in der Lebensgeschichte von Menschen also ganz unterschiedlich widerspiegeln; doch immer wieder führt es zum Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem Herrn. Und dieser Glaube wirkt sich dann auch weiter aus im Leben eines Christen, so stellt es uns der Apostel Paulus vor Augen. Die größten Gaben und Wirkungen des Heiligen Geistes bestehen dabei nicht darin, dass ein Mensch feurige Reden über den christlichen Glauben halten kann oder immer fröhlich und vergnügt ist. Sondern die größte Gabe des Heiligen Geistes ist die Liebe, die ganz nüchterne Zuwendung zum Nächsten in der christlichen Gemeinde und darüber hinaus. Der Heilige Geist zeigt sich also nicht zuerst und vor allem in spektakulären Phänomenen, sondern er bewirkt die Bereitschaft, in der Gemeinde den anderen auch ganz unauffällig zu dienen, sich aus dieser Gemeinschaft nicht auszuklinken und nur das zu tun, was einem selber Spaß macht, und Er wirkt die Geduld, mit der man das trägt, was Gott einem im Leben auferlegt.
Möge Gottes Heiliger Geist auch weiterhin seine Gaben reichlich über unsere Gemeinden und unsere Kirche ausgießen!
Ihr/Euer Pfr Tino Bahl