Liebe Gemeinde, liebe Leser!

         Vollmundig klingt der Monatsspruch aus dem Jesajabuch: Die ganze Erde und der Himmel sollen jauchzen und jubeln! Weihnachten ist ja ganz nett, aber ob man wirklich in einen solch überschwänglichen Jubel ausbrechen muss, ist manchem eher fraglich. Bei den Erwachsenen unter uns hat sich längst so etwas wie Festtagsroutine eingestellt. Jedes Jahr derselbe Ablauf. Das haben wir doch schon allzu oft erlebt. Vielmehr blicken ja manche sogar mit einer gewissen Sorge auf die bevorstehenden Festtage, an denen die Familienmitglieder einander ausgeliefert sind, und an denen man sich nicht durch regelmäßige Arbeit oder Verpflichtung aus dem Weg gehen kann. Aber auch bei Menschen, die sich auf Weihnachten freuen, stellt sich nach ein paar Tagen eine Ermüdung der Festtagsfreude ein. Weihnachten kehrt ja auch „alle Jahre wieder“.

Hinter uns liegt ein Jahr mit vielen Terroranschlägen, großer weltpolitischer und wirtschaftlicher Verunsicherung und steigenden Flüchtlingszahlen in aller Welt. Was das kommende Jahr bringt, ist für die ganze Gesellschaft, aber auch für uns als einzelne nicht immer ersichtlich. Zählt man all die negativen Nachrichten zusammen, dann ist einem erst recht nicht zum Jubeln, auch wenn Weihnachtszeit ist.

Allerdings tritt Gott oft auf andere Weise seinen Leuten zur Seite, als die sich das vorstellen. Als der Messias in Bethlehem geboren wurde, wurden nicht auf einmal die himmlischen Heerscharen gegen die römische Besatzungsarmee mobilisiert. Vielmehr zog ein galiläischer Wanderprediger durch Israel, sprach vom Reich Gottes und starb am Kreuz. Vor 2000 Jahren in Bethlehem war Gottes Kommen in diese Welt nicht begleitet von Donner und Dröhnen himmlischer Regimenter, sondern vom Schreien eines Säuglings.

Wir mögen uns das anders vorstellen, aber so unscheinbar ist unser Gott. Heu und Stroh statt Gold und Silber. Und doch ist er genau so bei uns. In Jesus kommt Gott ganz dicht an deine und meine Seite. Er erfährt am eigenen Leib Armut, Heimatlosigkeit, Ablehnung und am Ende sogar den Tod. Gott ist in allem bei dir und bei mir. Wir machen keine Erfahrungen, die unser Gott nicht auch am eigenen Leib durchgemacht hätte.

Das ist die eigentliche Botschaft von Weihnachten. Allerdings sind wir diesbezüglich ziemlich vergesslich. Deshalb feiern wir jedes Jahr wieder Weihnachten: Damit wir daran erinnert werden, dass Gott in diese Welt kam „damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Lukas 3, 16) Warum sollte uns nicht auch einmal wieder unsere ganze Weihnachtsdekoration an den eigentlichen Inhalt des Weihnachtsfestes erinnern?

Denken wir doch mal wieder bewusst an den Lebensweg Jesu, wenn wir unsere Weihnachtskrippe betrachten. Oder machen wir uns bewusst, was die Rauschgoldengel in unseren Fensterbildern, Weihnachts-Pyramiden und Tannenbäumen damals den Hirten gesagt haben. „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr.“ (Lukas 2, 10+11) Fürchtet euch nicht vor dem was vor Euch oder was hinter Euch liegt.

Erinnert euch daran, dass Gott in diese Welt kam und dass er seither an unserer Seite ist. Daran erinnert uns auch die Weihnachtszeit 2015, und das ist, wenn wir’s ernst nehmen, ein Grund, Himmel und Erde zum Mitfreuen aufzufordern.

Ihr/Euer Pfarrer Tino Bahl