Liebe Gemeinde, liebe Leser!

Dr. Martin Luther urteilte über die Apokryphen, aus denen der Monatsspruch im Buch Tobias entnommen ist: „Das sind Bücher, die der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten und doch nützlich und gut zu lesen sind.“ Dieses Urteil könnte uns dazu verleiten, die Aufforderung, Almosen zu geben, als gut gemeinten aber nicht unbedingt notwendigen Ratschlag leichtfertig beiseite zu schieben.

Es geht uns ja in unserem Land nicht schlecht. Wir haben alles, was wir zum Leben brauchen: ein Dach über dem Kopf, sauberes Wasser, Kleidung und Lebensmittel im Überfluss, eine gut funktionierende Infrastruktur und eine gute medizinische Versorgung.

Und doch fällt es uns nicht leicht, von dem, was wir zum Leben haben, von unserem Besitz oder unserem Einkommen etwas abzugeben. Man weiß ja nie was noch kommt. Darum sollte man vernünftig haushalten und vorsorgen.

Aber nehmen wir eigentlich bei all dem Wohlstand unserer Gesellschaft noch wahr, dass alles, was uns im Leben anvertraut und gegeben ist, unverdiente Gaben Gottes sind? Der Blick auf den Schöpfer als Geber aller Gaben und die Erinnerung, das Arbeit, Ertrag, Gesundheit, Frieden, Sicherheit usw. keine Selbstverständlichkeit sind, sollte uns immer wieder nachdenklich machen und dazu anleiten, mit allem, was uns von Gott gegeben ist, auch entsprechend verantwortungsvoll umzugehen. Es zeigt sich nämlich gerade in der Möglichkeit, aus den Erträgen unserer Arbeit etwas abzugeben oder zu teilen, das Lob, die Dankbarkeit und die Ehrfurcht dem Gegenüber, dem wir alles verdanken.

Wir müssen und können Gott von allem, was wir durch ihn empfangen, nichts zurückgeben, aber wir können unsere Dankbarkeit und unser Vertrauen, dass er uns versorgt, zeigen und zum Ausdruck bringen, indem wir von den Erträgen unseres Lebens regelmäßig abgeben. In besonderer Weise geschieht das, wenn wir tatsächlich Almosen geben, also materielle oder finanzielle Gaben an bedürftige Empfänger, ohne die Erwartung einer Gegenleistung.

Letztendlich zeigt sich genau darin unser Glaube und unser Vertrauen in Gott, dass ER uns versorgt und auch in Zukunft versorgen wird, selbst wenn wir nicht unbedingt „aus dem vollen schöpfend“, aber doch von dem weitergeben, was wir von IHM empfangen.

Was müsste denn geschehen, damit uns das Geben und Teilen leichter fällt? Es muss wohl das Vertrauen, dass Gott für uns sorgt und uns versorgen wird, immer wieder neu in uns gestärkt werden! Das kommt nur durch den Heiligen Geist und den geschenkten Glauben. Denken wir z.B. an das Gleichnis Jesu von der kostbaren Perle und dem Schatz im Acker. Da ist einer bereit, alles zu geben, um den Schatz zu heben, weil er den wahren Wert des Schatzes erkannt hat.

Lassen wir uns also getrost daran erinnern, dass auch uns mit dem Opfer Jesu am Kreuz für unsere Sünde und unser Misstrauen gegen Gott, das Kostbarste überhaupt geschenkt ist, nämlich Vergebung und das ewige Leben. Und lassen wir uns zuversichtlich im Glauben befestigen, den Gott durch sein Wort und Sakrament in uns stärkt und erhält, dass uns dieser Schatz nicht verloren geht. Gott wird uns mit irdischen Gütern auch weiterhin so versorgen, dass wir immer genug haben, um davon abzugeben, sei es nun viel oder wenig.

Ihr / Euer Pfr. Tino Bahl